Thinkpads kann man eigentlich nie genug haben. Daher sah ich eine günstige Gelegenheit, meine „Sammlung“ zu erweitern, als ich ein Angebot für ein defektes T440 in der Bucht entdeckte.
Interessant fand ich dabei, dass bei asiatischen Handelsplattformen passende Mainboards für ca. 30€ erstanden werden können. Insgesamt musste ich natürlich doch etwas mehr in das Gerät investieren, aber viele Ausgaben hätte ich auch gehabt, wenn ich ein funktionierendes Gerät nach meinen Vorstellungen angepasst hätte.
Augenscheinlich war ein Sturz die Ursache für den Defekt. An der linken Vorderkante fand sich ein Riss am Base Cover, am Palmrest war die Aufnahme der Gehäuse-Schraube gebrochen, wodurch das Gehäuse nicht mehr schloss und der Displaydeckel bog sich mittig an der Unterkante nach außen. Dazu zeigte es kein Bild und quittierte Startversuche mit einem Beep-Code, der laut Lenovo-Handbuch einen Prozessor- oder Mainboardschaden vermuten ließ. Also ordert ich aus Übersee ein neues Mainboard für ca. 28€ incl. Versand (Ein T450 Mainboard passt wohl ebenfalls in das Gehäuse, kostet dann aber 55€ aufwärts. Für ca. 15€ bestellte ich noch ein neues Base Cover.
Beim Ausbau des alten Mainboards kann eigentlich nicht viel schief gehen. Der CPU Kühler muss natürlich runter (entsprechend vorsichtig, später soll er wieder verwendet werden). Der Akku wird mit drei Schrauben gehalten und kann, nachdem sie gelöst sind, einfach entnommen werden. Auch die Schrauben, welche das Mainboard halten, sind gut zu erkennen und sind auf dem Board mit Pfeilen markiert. Nachdem alle Steckverbinder und Flachbandkabel vom Board entfernt sind, kann es einfach vom Palmrest gelöst werden. Diese Gelegenheit nutzte ich, um auch das Touchpad des T440 gegen eines aus dem T450 (mit drei Tasten für die Trackpoint-Nutzung) zu tauschen.
Bevor ich ein neues Board einsetzte, musste die gebrochene Schraubenfassung wieder am Palmrest befestigt werden. Ich nutzte dazu einen Zwei-Komponenten-Kleber von Pattex. Für einen kompletten Wechsel war mir der Palmrest noch zu gut in Schuss.
Anschließend konnte das neue Board vorsichtig eingesetzt, verschraubt und verkabelt werden. Die alte CMOS-Batterie verwendete ich nicht weiter, um nicht allzu bald von einer Clocktime-Error-Meldung begrüßt zu werden.
Nach der Board-Montage erhielt der Prozessor frische Wärmeleitpaste (vorher natürlich gut reinigen) und der Kühler konnte wieder montiert werden. Die WiFi/Bluetooth Karte konnte ich weiter verwenden. Es handelte sich dankenswerterweise um die WLAN-AC Variante der Karte. Dazu kamen dann die obligatorischen Teile: 8GB DDR3 LV-RAM, eine 256GB 2,5 Zoll SSD für Manjaro Linux und eine 256GB NGFF SATA SSD für Windows (an Stelle der WWAN-Karte).
Statt des verbauten HD-TN-Panels (1366×768 Pixel) montierte ich ein FHD-IPS-Panel (AUO B140HAN02.4). Dabei ist es umso wichtiger, dass der interne Akku noch abgeklemmt ist, da dabei sonst mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Sicherung auf dem Mainboard durchbrennt. Beim T440 ist auf dem eigentlichen Display-Bezel ein Klebe-Bezel aufgebracht, das entfernt werden muss, um an die Verschraubung des Displays zu gelangen.
Jetzt könnte ich auch den gebogenen Displaydeckel angehen: nach einer kurzen Behandlung mit einer Heißluftpistole ließ er sich wieder in Form bringen und behielt nach dem dritten Erhitze-Biege-Vorgang die gewünschte Kontur. Der Displaytausch selbst ist recht unkompliziert: Display vorsichtig vorklappen, eDP-Verbinder lösen und neues Display montieren.
Grundsätzlich hätte ich das alte Klebe-Bezel bei der Montage mit neuem doppelseitigen Klebestreifen (z.B. 3M) weiter verwenden können. Ordentlicher wirkt es hingegen mit einem neuen Bezel. Erst nach dem Displaytausch setzte ich eine neue deutsche Tastatur ein (bzw. eine umgelabelte Tastatur aus Fernost) und stellte die Verbindung zwischen dem internen Akku und dem Mainboard wieder her. Nun konnte das Thinkpad mit dem neuen Base-Cover wieder geschlossen werden.
Es wurde Zeit für einen ersten Startversuch. Diesen kommentierte der Laptop mit einem Warnton und dem Hinweis, dass die Seriennummer und UUID nicht gültig sind. Bei einem neuen Ersatzboard sind diese noch nicht eingetragen. Beheben lässt sich das mit der ThinkPad Hardware Maintenance Diskette, welche auch von einem USB-Stick gestartet werden kann.
Damit setzte ich als Seriennummer jene vom alten Board und ließ danach eine UUID generieren. Fortan hatte das Thinkpad beim Start auch nichts mehr zu bemängeln.
Zwar habe ich vor, das Thinkpad überwiegend mit Manjaro zu nutzen, da ich aber ohnehin ab und an Windows 10 benötige, installierte ich dieses zuerst (auf die NGFF SATA Platte) und führte von dort ein BIOS Update durch. Das Update schließt eine Sicherheitslücke, die bei der Installation von Linux einen Brick herbeiführen kann. Einen Windows 8/10 Key hat das T440 übrigens schon im BIOS hinterlegt.
Bei der anschließenden Installation von Manjaro erkennt Grub die Windows Installation automatisch und trägt sie in die Boot-Liste ein. Die getrennte Installation auf zwei SSDs hat außerdem den Vorteil, dass Grub gegen die Marotten des Windows Updates gefeit ist und nicht einfach überschrieben wird.
Zur Wirtschaftlichkeit:
51€ (Plus ca. 6€ Versand) kostete das defekte T440, 28€ das neue Mainboard (Die Variante mit i5 4300U und ohne aufgelöteten RAM). Damit hätte ich ein funktionsfähiges Basis-Gerät für 79€ erhalten. Ram und SSD hatte ich noch in der Wühlkiste. Auch die deutsche Tastatur hatte ich noch herumliegen (Kosten ca. 20€), da ich diese für lau erhalten habe und es sich auch mit der UK Tastatur arbeiten ließe, lasse ich sie aus der Rechnung heraus. Netzteile hatte ich auch noch da. Sonst kämen noch mindestens 10€ für ein 65W Netzteil dazu. 18€ investierte ich in ein neues Base Cover, 6€ in das neue Bezel, 5€ in einen 2,5er HDD/SSD Caddy, 15€ in das T450 Touchpad und 51€ in das neue Display. Dazu die Kosten für 8GB LV-RAM (25€), 256GB NGFF SSD (38€) und die 2,5er SATA Platte (28€). Ein neuer 68+ Akku (6 Zellen) kostete noch einmal ca. 34€. Insgesamt also: 298€
Vergleichbare Angebote online zu finden ist gar nicht so leicht. Ich fand ein Gerät, dass optisch ein paar mehr Beeinträchtigungen hatte, sonst aber fast identisch ausgestattet war. Lediglich die NGFF SSD fehlte hier. Dafür wurden ca. 330€ veranschlagt. Mit einer zusätzlichen SSD käme man auf 368€. Man bekommt ein T440 auch schon deutlich günstiger. In den Regionen um 200€ findet man jedoch fast ausschließlich TN Bildschirme, HDDs statt SSDs und das Standard Touchpad. Oft fehlt auch mindestens ein Akku (das T440 kann einen internen Akku verbaut haben) oder es ist die kleinere Variante mit drei Zellen dabei. Die größten Kostenpunkte sind Display und Speicher… Hier hätte man also ebenfalls mehr Geld in die Hand nehmen müssen, um ein Gerät nach meinen Vorstellungen auszustatten. Sucht man ein vergleichbares Gerät auf Amazon, fällt die Ersparnis schon etwas höher aus:
Hier wird eine Akku-Kapazität von mindestens 80% versprochen (beim 3 Zellen Akku) und es bleibt bei dem typischen Haswell-Touchpad ohne Tasten. Dafür erhält man zusätzlich eine Garantie von einem Jahr auf das Thinkpad.
Insgesamt hält sich das Spar-Potenzial zwar in Grenzen, dafür hatte ich aber den Bastelspaß, habe einige Neuteile verbaut und habe noch „Ersatzteile“ für weitere Projekte herumliegen. Wenn man diese zu Geld macht, bessert sich die Bilanz noch ein wenig weiter auf.
Ich nutze dieses Gerät nun sehr zufrieden als Zweitgerät für mein Studium, für Programmierarbeiten und Online-Recherchen am Arbeitsplatz.