Bislang hatte ich mit macOS leider kaum Berührungspunkte. Dies ist hauptsächlich den recht üppigen Neupreisen der zugehörigen Hardware geschuldet.
Zuletzt gelangte ich jedoch an einen All-in-one-PC (P9614) von Medion, der vom Aufbau her einem iMac gar nicht so unähnlich ist. Auch hierbei handelt es sich um einen Bildschirm, der die PC Technik gleich im Gehäuse integriert hat. Eine kurze Recherche zur Modellnummer verriet mir, dass dieses Gerät bereits von einigen Anwendern erfolgreich in einen „Hackintosh“ verwandelt wurde.
Hinter dem Hackintosh Projekt verbirgt sich eine stetig wachsende Community, welche sich damit beschäftigt, macOS auf PC Hardware zum Laufen zu bringen.
Für mein System habe ich mir die Version „High Sierra“ (10.13) auserkoren. Zwar gibt es aktuell schon ein neueres macOS „Mojave“ (10.14), dieses soll jedoch nicht ganz so leicht für diesen Rechner anzupassen zu sein. Für den Anfang wollte ich die Anzahl der Hemmschuhe für die Installation erst einmal möglichst gering halten. Davon gab es so auch schon genug. 😉
Zunächst habe ich einige Änderungen an der Hardware vorgenommen. Standardmäßig ist im P9614 der Intel Pentium T4500 verbaut. Dieser unterstützt aber kein SSE4.1, welches von High Sierra vorausgesetzt wird. Entsprechend der Empfehlung im verlinkten Beitrag auf root86, habe ich einen Core 2 Duo T9600 geordert, welcher ebenfalls auf dem Sockel P verwendet werden kann.
Außerdem ist der verbaute WLAN Chip nicht ohne Weiteres zur Mitarbeit zu überreden. Daher habe ich die Karte gegen das Modell Atheros AR5B195 getauscht. Bei dieser Gelegenheit installierte ich auch eine 240GB SSD von Kingston. Die zuvor installierte 1TB Festplatte dient fortan als Datengrab am zweiten SATA Anschluss.
Zu Beachten ist, dass das Gehäuse nicht nur von Schrauben, sondern auch von Klemmen zusammengehalten wird. Zum Öffnen benötigt man daher einen feinen Spatel oder Schraubendreher.
Auch die Schrauben des Käfigs müssen entfernt werden. (am besten sammelt man sie separat, um später nicht durcheinander zu kommen). Sind alle Schrauben gelöst und die Mutter des Sat-Tuners entfernt, kann der Käfig vorsichtig in Richtung der Anschlüsse abgehoben werden und das Mainboard wird freigelegt.
Meine neue CPU hatte ich für schmales Geld aus China geordert (ca. 10€). Dafür fanden sich noch einige Reste der alten Wärmeleitpaste auf der Platine. Diese lassen sich gut mit feuchten Brillenputztüchern oder Display-Tüchern entfernen:
Anschließend kann eine gleichmäßig dünne Schicht neuer Wärmeleitpaste aufgetragen und der Kühler wieder installiert werden (natürlich muss auch der Kühlkörper vorher gereinigt worden sein).
Sind alle Komponenten eingesetzt, kann das Gehäuse wieder entsprechend zusammengebaut werden. Anschließend kann die Installation von MacOS beginnen.
Hier schon mal ein kleiner Disclaimer: Ich betrachte diesen Aufbau als Machbarkeitsstudie zu Testzwecken und beabsichtige damit, meine Kenntnisse über dieses Betriebssystem zu erweitern. Um nicht der Verwendung einer Raubkopie verdächtigt zu werden, sollte man bei Apple eine Kopie von macOS Snow Leopard ordern. Dies ist die letzte Version, welche auf DVD vertrieben wurde. Anschließend bedarf es eines echten Macs oder einer Virtuellen Maschine um High Sierra aus dem App Store zu laden. Es gibt in den Tiefen des Netzes zwar auch andere (und einfachere) Möglichkeiten, an ein Installationsmedium zu gelangen, diese driften jedoch härter an der Grenze zur Illegalität oder darüber.
Wie man einen Bootstick unter MacOS erstellt, wird z.B. in diesem Beitrag erklärt: How to Create a macOS High Sierra Public Beta Installation USB.
Unter Windows gibt es außerdem die Möglichkeit, das Tool: Bootdisk Utility des russischen Programmierers „CVAT“ zu nutzen. Damit lässt sich ein Recovery-Image direkt von den Apple Servern herunterladen und zusammen mit Clover (Quasi der nötige Bootloader) auf einen USB Stick schreiben. Hierbei sollte man sich jedoch sicher sein, dass die verbaute Netzwerkkarte auch unter MacOS läuft.
Im BIOS des P9614 gibt es leider kaum Einstellungsmöglichkeiten. Dafür sind auch keine Funktionen hinterlegt, welche der Installation von MacOS entgegenstehen. So reicht es, die Bootreihenfolge der Geräte entsprechend zu ändern und den USB Stick mit den Installationsdaten an die erste Stelle zu setzen.
Wird nun der Stick geladen, landet man kurz darauf in der grafischen Oberfläche des Bootloaders Clover. Sollte bei der Auswahl „Boot macOS install…“ kein Bild ausgegeben werden, muss dabei in den Optionen unterhalb der Bootauswahl die Option „Inject Nvidia“ gewählt werden.
Im Installer selbst muss die Festplatte (oder Partition) mit dem Festplattendienstprogramm in ein Mac-kompatibles Dateisystem formatiert werden. Ich entschied mich für APFS, da High Sierra ohnehin in dieses System umformatiert, wenn man nicht aktiv dagegen vorgeht.
Anschließend kann die Installation im Menü gestartet werden. Hat dabei alles geklappt, wird man durch die Einrichtung des Systems geführt und dann auf den Desktop entlassen. Zu diesem Zeitpunkt funktionierte der Ton und das Netzwerk noch nicht. Sonst machte das System schon einen guten Eindruck.
Um künftig auch ohne die Verwendung des Bootsticks das System starten zu können, muss Clover (oder ein anderer kompatibler Bootloader) installiert werden. Idealerweise auf dieselbe Platte, auf die zuvor installiert wurde. Den Installer erhält man auf der Projektseite.
Für den P9614 müssen während der Installation die erweiterten Einstellungen für das legacy BIOS (Installiere boot0ss) gesetzt und die Unterstützung für das APFS Dateisystem aktiviert werden.
Ist die Installation reibungslos durchgelaufen, sollte der Rechner neu gestartet werden. Dabei sieht man auch gleich, ob die richtigen Einstellungen gesetzt wurden. Also ob Clover startet oder nicht.
Zur späteren (einfacheren) Konfiguration von Clover bietet sich das Tool: Clover Configurator an. Dieses Tool bearbeitet oder erstellt die config.plist Dateien, welche beim Systemstart eingelesen werden und die Systemvariablen festsetzen. Außerdem lässt sich damit schnell und einfach die EFI Partition einbinden und anzeigen, um dort z.B. neue Treiber einzulegen oder die config.plist Datei zu ersetzen.
Nun konnte ich auch damit beginnen, die fehlenden Funktionen anzugehen. Der Sound war dabei am schnellsten aktiviert. Im Reiter „Devices“ findet sich der Eintrag „Audio“. Im Feld darunter musste nur die Zahl 11 eingetragen werden. Damit wird der richtige Codec für den Onboard-Chip angesprochen. Für LAN und WLAN bedurfte es der korrekten Treiberdateien: AtherosWIFIinjector und AttansicL1eEthernet. Diese werden im kext-Format von der Community angeboten und werden im „kexts“ Verzeichnis der EFI Partition unter „other“ gespeichert. Beim nächsten Neustart werden die Treiber geladen und das Netzwerk kann unter Systemeinstellungen konfiguriert werden.
Insgesamt läuft das System schon jetzt sehr stabil. Durch den Prozessorwechsel habe ich momentan zwar noch Probleme mit dem Bustakt, welcher nicht korrekt erkannt wird und unter Safari ein eigenartiges Synchronisationsproblem verursacht, aber mit etwas mehr Einarbeitung in die Materie sollte sich auch dieses Problem beheben lassen.
Zusammenfassend bedarf es einiger Geduld und einer recht hohen Frustrationsschwelle, um macOS zufriedenstellend zu konfigurieren. Für meine Zwecke ist das System im aktuellen Zustand als Übungsumgebung aber schon sehr gut zu gebrauchen. Zu beachten ist, dass der Touchscreen des P9614 unter macOS nicht verwendet werden kann.
Nachtrag 16.05.2019: Mit der Hilfe von MacPeet aus dem root86 – Forum konnte ich das Synchronisationsproblem lösen. Dazu war es nötig, im CPU Reiter des Clover Konfigurators den Bustakt auf 254000 KHz zu setzen. Offensichtlich unterläuft Clover ein Fehler bei der Interpretation des Bustakts bei den T Modellen der Core2Duo Reihe. Mit dem o.g. Wert gleicht man diesen Berechnungsfehler aus.
Quellen: root86.de, olarila.com